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Monday, 3 June 2013

Nachrichten aus Griechenland #8 - 1. Juni 2013


Nachrichten- Übersicht der vergangenen Woche:
  • Der letzte Fall von Zensur in Griechenland betrifft ein unwahrscheinliches Ziel: ein Lied von berühmtem Komponist Manos Chatzidakis./ Der letzte Fall von Zensur in Griechenland zielt auf ein Lied von berühmtem Komponist Mans Chatzidakis.
  • Rassistische Angriffe finden zum ersten Mal im Zentrum von Thessaloniki statt während die regierenden Koalitionsparteie sich um das antirassistische Gesetz zanken
  • Der staatliche Vermögens- und Entwicklungsfonds (TAIPED) befuerwortete zwei Konsortienantraege ueber die Privatisierung der stadtlichen Wasserwerke von Thessaloniki 
  • Die drei in Skouries festgenommenen Demonstrantinnen wurden zu Bewährungstrafen verurteilt und legen Berufung ein.
  • Zusammenlegungen von öffentlichen Bibliotheken und Organisationen werden zu Entlassungen führen
1. Kemal unterliegt der Zensur

Durch soziale Netze wurde am Mittwoch den 29. Mai bekannt, dass die Direktorin einer Grundschule in Thessaloniki eine Musiklehrerin zurechtwies, die den Schülern das Lied „Kemal“ lehrte. Der Liedtext und die Musik wurden von zwei der größten und weltberühmten griechischen Künstler, Nikos G(k)atsos und Manos Chatzidakis, geschrieben und komponiert.
Das Lied ist eine Allegorie für die Leute, die ihr ganzes Leben dazu bereit sind für eine bessere Welt zu kämpfen und sein Titel lautet „Kemal“. Informationen zufolge erfolgte die Zurechtweisung im Anschluss anBeschwerden seitens der Eltern, die das Lied als „islamistische Propaganda“ betrachten. Gleichzeitig wurde berichtet, dass die Schuldirektorin die von der Musiklehrerin ausgeteilten Liedtexte den SchülerInnen wiederwegnahm und die Musiklehrerin darauf hinwies, dass in der Grundschule von Lehrern die nationale Moral betont werden solle.
Die Nachricht wurde schnell in den "Sozialen Medien" veröffentlicht und verursachte Reaktionen. Radiobubble erreichte die Musiklehrerin, die das Thema durch die vom Gesetzt vorgesehenen Verfahren lösen möchte.
Aus der vom Staatssekretär Th. Papatheodorou anberaumten amtlichen Untersuchung durch das Bildungsministeriums geht hervor, dass die Anzeige der Musiklehrerin wahr ist. Tatsächlich hat sie allerdings keine offizielle Anzeige erstattet, daher wird das Ministerium von der Schuldirektorin schriftliche Erläuterungen über das Ereignis fordern.
Aus Anlass des Vorgangs sind Texte, Musik, öffentlich ausgedrückte Ansichten des wichtigen Komponisten und die vor 3 Jahren in einer Festschrift von Radiobuble über ihn verfassten Worte wieder im Internetumlauf.

2. Rassistische Angriffe in Thessaloniki, Chrysi Avgi und das antirassistische Gesetz

Zwei weitere rassistische Angriffe wurden in der letzten Woche in Thessaloniki gemeldet. Am letzten Samstag wurde ein Migrant aus Ruanda in einem Markt im Zentrum von Thessaloniki mit einem Messer angegriffen. Dies geschah am gleichen Ort, an dem ein paar Stunden vorher afrikanische Straßenhändler verbal attackiert und bedroht worden waren. Am Abend des Samstags wurde ein Iraner mit einem Stilett angegriffen. Beide Verletzten sind ins Krankenhaus gebracht worden, wo die Wunden genäht werden mussten. Der iranische Migrant erstattete zwei Tage später Anzeige gegen Unbekannt.
Ebenfalls in dieser Woche bekam die Vereinigung der Muslime in Griechenland einen zweiten Drohbrief innerhalb von zwei Wochen. Auf beiden Briefen, die in Griechisch, Englisch und Arabisch geschrieben sind, prangte das Logo der Chrysi Avgi.

Amnesty International meldete diese Woche, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gegen Griechenland eine Geldbuße wegen einem weiteren Fall der Segregation von Roma verhängt hat. In diesem Fall handelt es sich um eine Grundschule in Thessalien, bei der die Bestimmung des Einzugsgebiets der Schulkinder manipuliert wurde, sodass die Schule nur von Roma besucht wird, obwohl eine andere Schule, die auch griechische Schulkinder hat, viel näher an der Romasiedlung gelegen ist. Fälle von Diskriminierung und sogar Gewalt gegen Roma werden in Griechenland oft nicht gemeldet. So wurde am 10. Mai eine Romasiedlung in der Nähe der Stadt Xanthi (im Nordosten Griechenlands) von Anwohnern und Mitgliedern der Chrysi Avgi niedergebrannt; das Ereignis wurde der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt gemacht.

Am Donnerstag, 30.5. ging im Athener Flughafen ein Schuss von der Waffe des Chrysi Avgi- Abgeordneten Antonis Gregou los. Während der Routinesicherheitskontrolle für einen Flug nach Thessaloniki wurde versehentlich ein Schuss gefeuert; es gab keine Verletzten. Gerüchten zufolge befand sich die Waffe in den Händen des Abgeordneten, als der Schuss losging, was dieser vehement bestreitet. Das Ereignis hatte heftige Reaktionen der politischen Parteien, vor allem der Linken, zur Folge. Während eines Treffens der Parlamentsvorsitzenden wurde entschieden Regelungen zum Waffenbeitz zu verändern, sodass es Abgeordneten verboten ist, innerhalb des Parlaments eine Waffe zu tragen. Gleichzeitig erklärte der Minister für Öffentliche Sicherheit, dass die Waffenscheine aller Abgeordneten nochmals kontrolliert werden.

Währenddessen entwickelt sich die Diskussion über das antirassistische Gesetz in einen Hagel gegenseitiger Beschuldigungen der Regierungsparteien. Nea Dimokratia hat Vorschriften, die die Unterschätzung und Billigung von Völkermorden, dem Holocaust und Verbrechen des Nazismus bestrafen, eingereicht. Die Leugnung des Holocaust bleibt bei diesem Vorschlag unbestraft. Pasok greift ihrerseits Nea Dimokratia wegen ungeheurer Schlampigkeiten an und bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Dimar, die dritte Regierungspartei, die den ursprünglichen Gesetzesvorschlag eingereicht hat, klagt Nea Dimokratia an, dass sie die öffentliche Anstiftung zu rassistischem Hass erlaubt und damit dem Staat und seinen Organen die Verantwortung für rassistische Gewalt abnimmt.

3.Die Privatisierung der stadtlichen Wasserwerke in Thessaloniki

Zwei von den vier Konsortien legten letzte Woche einen Antrag fuer die Uebernahme des Anteils von 51% der stadtlichen Wasserwerke (ΕΥΑTH) von Thessaloniki bei dem Vermögens- und Entwicklungsfonds (TAIPED) ein, der Fond befuerwortete beide Antraege. Der Konzern Suez in Zusammenarbeit mit dem gr. Unternehmen Aktor AG bekamen vom Fond das “gruene Licht”, die Aktiengesellschaft Aktor gehoert dem griechischen Tycoon Giorgos Bobolas. G. Bobolas ist unter anderem bekannt fuer seine Teilnahme am Goldminenabbau in Skouries von Chalkidiki unter der Beteiligung am Konsortium "Hellas Gold".

Die Buergerbewegung “136”, eine Buergerinitiative, die sich gegen die Privatisierung der Wasserwerke wehrt und ein Gesellschaftsmodell unter den staedtlichen Bezirken voerschlaegt, wurde vom Wettbewerb des Fonds ausgeschlossen.

Der Pasok- Abgeordnete im EU- Parlament Kriton Arsenis war anderer Meinung und trat deswegen von seinem Amt zurueck.

Waehrenddessen, begann radiobubble letzte Woche eine Studie ueber die Privatisierung von Wasserwerken. Das ist mittlerweile die zweite Studie von radiobubble, nach der Studie der Privatisierungen im vorherigen Jahr 2012. Ziel dieser journalistischen Studie von radiobubble news ist eine vollstaendige und umfangreiche Reportage ueber die Privatisierung der Wasserwirtschaft, insbesondere in Grossstaedten, wie Athen und Thessaloniki.

4. Skouries: Veruteilung 3 Verhafteten

Am 27. Mai fand der Prozess der drei Demonstratinnen statt, die Anfang Mai bei Skouries (Region in nordöstlichen Teil von Chalkidiki) während einer Protestaktion gegen die dortige Errichtung einer Goldminefestgenommen wurden.
Die drei Frauen wurden festgenommen bei einem polizeilichen Übergriff gegen Einwohner der Gegend, die die Genehmigung der Gesellschaft Gold Hellas für die durchgeführten Arbeiten innerhalb des Waldes überprüfen.
Die drei Demostratinnen wurden zu einer Bewährungsstrafe von 6 bzw. 7 Monaten verurteilt. Sie werden des Ungehorsams, der Beleidigung von Amtsträgern und der leichten Körperverletzung in mehreren Fällenbeschuldigt. Daraufhin haben sie Berufung eingelegt und wurden vorerst freigelassen. Laut dem Anwalt der drei Demonstrantinnen werden die Gerichtsverhandlungen auf zweiter Instanz zum Freispruch seiner Mandantinnen führen.

5. Entlassungen wegen Zusammenlegung öffentlicher Bibliotheken und Organisationen

Jüngsten Berichten und unterschiedlichen Quellen zufolge werden 46 öffentliche Bibliotheken zusammengelegt, um überschüßiges Personal zu entlassen. In den Bibliotheken sind 160 Mitarbeiter beschäftigt, die ein Drittel der Plätze ausmachen.

Die Angestelletn in den öffentlichen Bibliotheken beklagen sich darüber, dass diese ohnehin unterfinanziert bleiben und dass die Aufsichtsräte unentgeltlich betrieben werden. Einer Pressemitteilung der Arbeitnehmer der Bibliothek von Lefkas, zufolge berechnen sich die jährlichen Mittel von Bibliotheken im Bereich zwischen 2.000 und 8.000 Euro.

Nebenbei, betrifft das Zusammenlegungsvorhaben der Regierung 17 staatliche Organisationen, bei denen 416 Mitarbeiter beschäftigt sind. Als Ergebnis der bevorstehenden Zusammenlegung wird die Hälfte von ihnen ihre Arbeit verlieren.

6. Streiks

Für den 37. Tag wird die athener Produktionsstätte der Milchindustrie MEVGAL bestreikt. Die Streikenden sind entschlossen den Streik fortzusetzen. Gefordert werden die Auszahlung der Löhne der letzten 4 Monate, der Abschluß neuer Tarifverträge sowie die Sicherung der Arbeitsplätze. Die Arbeitgeber reagierten darauf mit Entlassungen während des Streiks, sowie mit erneuten Drohungen die Produktionsstätte in Athen zu schließen.
Ähnlich zu dem kämpferischen Streik der Metallarbeiter im letzten Jahr, baut sich eine große Solidaritätswelle von Seiten griechischer aber auch ausländischer Arbeitsnehmer aus etlichen Branchen auf.

7. Die Ausstrahlung des Videos von Gay Pride

Die Ausstrahlung einer Fernsehwerbung für Gay Pride, das am 8. Juni in Athen stattfinden wird, wurde von ESR, dem Nationalen Rundfunkrat, abgelehnt. Dieser hatte einen lesbischen Kuss, der in dem Video zu sehen ist, beanstandet. Bei seiner Konferenz beurteilte der ESR, dass diese Werbung „keine Forderung mit großer gesellschaftlicher Bedeutung“ darstellt und lehnte eine kostenlose Ausstrahlung ab.

8. Ausbruch von Krätze in einer Polizeidienststelle in Athener Vorstadt

Bei neun gefangenen Migranten in der Polizeidienststelle Markopoulo ist laut dem griechischem Bund der Polizeiangestellten (P.O.AS.Y) die Krätze ausgebrochen. Gleichzeitig bezeichnete die Gewerkschaft die Haftbedingungen durch die Langzeitinhaftierung, insbesondere bei Abschiebehaft, als "inakzeptabel". Es kaeme dadurch zu einer Gefährdung der Gesundheit der Polizeibeamten und der Gefangenen.

Der Bund der Polizeiangestellten fordert die sofortige Entlastung von Gefängnissen, den Transfer von Gefangenen in Einrichtungen mit der notwendigen Infrastruktur und die sofortige Desinfektion des Gewahrsams.

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