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Tuesday 7 May 2013

Nachrichten aus Griechenland #4 - 4. Mai 2013


Nachrichten- Übersicht der vergangenen Woche:
  • Das neue Sparpaket beschließt Entlassungen von Beamten und setzt die Löhne für ehemalige Arbeitslose auf eine Höhe, die wesentlich geringer als der Mindestlohn ist. 
  • MigrantInnen in Haftanstalten sind aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in Hungerstreik gegangen.
  • 23-jährige junge Frau verstorben, welche etwa einen Monat im Krankenhaus stationiert war, nachdem sie von einem Mitglied der Chrysi Avgi verprügelt wurde. Der Täter wird immer noch von der griechischen Polizei gesucht.
  • Die Proteste gegen den geplanten Gold- und Kupferabbau in Skouries werden weitergeführt. Demo fand am 01.05. statt.
  • Schließeindrohung gegen kostenloses Copyright-Material verteilende Webseiten. 
1. Neues Sparpaket

Ein neues Sparpaket wurde am Sonntag, den 28. April vom Parlament gewählt. Dabei war eine ähnliche Vorgehensweise wie für die Wahl des letzten Memorandums von November 2012 zu beobachten: Nicht nur, dass das Paket in einem Notfallverfahren durchgesetzt wurde, es bestand auch aus einem einzigen Artikel. Damit wird verhindert, dass Abgeordnete einzelne Punkte abwählen können.
Eine kurzfristige Ergänzung des Finanzministers Stournaras bestimmt, dass Arbeitslose, die Leistungen des Arbeitsamts in Anspruch genommen haben, bei der Neueinstellung höchstens einen Lohn von ¤490 monatlich und ¤427, wenn sie unter 25 sind, bekommen sollen. Diese Beträge sind weit unter dem Mindestlohn und schaffen diesen als Konzept ab.
Ein weiteres wichtiges Element des neuen Sparpakets ist die Entscheidung, 15 000 Beamte bis Ende 2014 zu entlassen. Internationale und griechische Medien beeilten sich, die Entscheidung, Griechenlands „aufgeblähten“ Beamtenapparat zu verkleinern, zu feiern, doch sie übersahen einige wichtige Punkte. Zuerst ist die Behauptung, Griechenlands Beamtenapparat sei „aufgebläht“, mehr als zweifelhaft, wie der Vergleich mit anderen EU- Ländern (siehe OECD- Daten) zeigt.
In der Vergangenheit wurde die Festanstellung für Beamte eingeführt, um zu verhindern, dass jede neue Regierung Staatsangestellte entlässt, um ihre eigenen politischen Unterstützer an ihrer Stelle einzusetzen. Zusätzlich wurde 1996 eine unabhängige Behörde eingerichtet, der Oberste Rat für Einstellungen. Dieser soll die Einstellung Staatsangestellter kontrollieren und Einstellungen, die die Klientelwirtschaft bedienen, verhindern. Allerdings sieht das aktuelle Sparpaket vor, dass Staatsangestellte der Gemeinde ohne die Bestätigung durch den Obersten Rats für Einstellungen eingestellt werden können. Diese neue Maßnahme wird in kurzer Zeit neuen Einstellungen die Tür öffnen, die nicht auf Kompetenz sondern auf politischer Nähe basieren. Der offizielle Grund für die beschlossenen Entlassungen ist die Abschaffung der Behörden, die die zu entlassenden Beamten beschäftigen, da die griechische Verfassung eine Massenentlassung aus anderen Gründen nicht zulässt.
Die zwei zentralen griechischen Gewerkschaften, GSEE und ADEDY, veranstalteten eine Kundgebung mit ca... 3000 Teilnehmern vor dem Parlament während der Wahl. Die Parteien der Opposition zweifelten die Verfassungsmäßigkeit der Wahlprozedur des Sparpakets an. Das Paket erhielt 168 Ja- Stimmen, 123 Nein- Stimmen und 1 Enthaltung.

2. Hungerstreiks

Viele Hungerstreiks fanden in den letzten Monaten in Griechenland statt, aus Protest gegen die Haftbedingungen und das Verhalten gegenüber MigrantInnen und Flüchtlingen. Diese Woche wurde von neuen Fällen berichtet, einem in Larisa und einem in Mytilene. In Larissa, die Häftlinge des örtlichen Gefängnisses protestieren gegen ihre Haftbedingungen. In Mytilene, 12 Afghanen und 4 Syrer die vor kurzem in Griechenland angekommen sind, sind in Hungerstreik gegangen. Aufgrund des Mangels an Plätzen in Haftanstalten, sowohl die Polizei als auch die Wasserschutzpolizei weigern sich sie zu verhaften. Die Flüchtlinge sind deshalb am Hafen, den sie nicht verlassen dürfen, gefangen und überleben dank Freiwilligen, die sie mit Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln versorgen. Auf die Absurdität des Falls weist die Tatsache hin, dass die Flüchtlinge eigentlich um ihre Verhaftung bitten, damit sie eine Abschiebungsanordnung erhalten und die Insel verlassen dürfen.

3. Goldene Morgenröte

Eine 23-jährige junge Frau verstarb in dieser Woche, nach mehreren Wochen Krankenhausaufenthalt, nachdem sie von ihrem Freund, der bekannt als Mitglied der Chrysi Avgi ist, geschlagen wurde. Jenseits des tragischen Charakters dieser Veranstaltung wurde von mehreren Aktivisten, die besorgt um die Toleranz der Behörden gegenüber Aktionen der Chrysi Avgi sind, darauf hingewiesen: Während sich der Täter auf der Flucht befindet, veröffentlichen Polizei und Gerichte sein Foto und persönliche Daten nicht, wohingegen diese Praxis, um nicht zu sagen systematisch, üblich im Fall von verhafteten Linken oder anarchistischen Verdächtigen ist.

Chrysi Avgi machte diese Woche weitere Schlagzeilen mit dem Versuch in Athen eine Verteilung von Nahrungsmitteln ausschließlich für Griechen zu organisieren. Die Verteilung von Nahrungsmitteln wurde von Athens Bürgermeister Giorgos Kaminis, der anschließend von Giorgos Germenis (Abgeordneter der Chrysi Avgi) angegriffen wurde, verboten.

Bürgermeister Kaminis wurde jedoch für die rechtlichen Gründe, aus denen er das Verteilungsverbot ableitete, kritisiert: Er argumentierte, dass die Chrysi Avgi Lebensmittel-Verteilung auf dem Syntagma-Platz eine "illegale Besetzung des öffentlichen Raumes" wäre, obwohl Griechenlands Anti-Rassismus-Gesetze ausreichen, um jede Nur-Griechen-Veranstaltung aus Gründen der Diskriminierung zu verbieten.

Zum Abschluß: Am Karfreitag berichteten viele Twitter-Nutzer, dass auf Mautstationen der Autobahnen auf den Peloponnes Chrysi Avgi Mitglieder anwesend waren. An den Elefsina Maut, hoben sie die Bars und ließen Fahrzeuge kostenlos durchfahren. Es wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass es ihnen erlaubt war ihre Aktion durchzuführen und ungestört zu verlassen, während die "Ich werde nicht zahlen"-Bewegung, die gegen überhöhte Mautgebühren agitiert, systematisch bei solchen Einsätzen mit der Polizei konfrontiert wird.
4. Skouries

Die Bevölkerung von nordöstlichen Chalkidiki protestierte am 01.05. erneut gegen den geplanten Gold- und Kupferabbau im Wald von Skouries. Die Demonstration wurde von der Bereitschaftspolizei mittels übermäßiger Menge von Tränengas aufgelöst.

Der Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizeibeamten von Chalkidiki, Ioannis Kyrgiafinis, prangerte die Tatsache an, dass die Polizei als private Sicherheitsfirma zum Schutz von dem Bergbauunternehmen Hellas Gold und seiner kanadischen Mutterfirma Eldorado Gold eingesetzt wird. Kyrgiafinis klagte über den tagtäglichen Einsatz von 80-90 PolizistInnen im Wald von Skouries, die extrem langen Arbeitszeiten seiner KollegInnen, die hohen Kosten die daraus entstehen und die Tatsache, dass die übrige Region von Chalkidiki unausreichend überwacht wird, angesichts des Beginns der touristischen Hochsaison.

5. Griechischer Gesellschaft zum Schutz von Urheberrechten

Am Dienstag den 30. April wurde das von der griechischen Gesellschaft zum Schutz von Urheberrechten gegen einige Internet-Provider eingereichte Gesuch um vorläufige einstweilige Maßnehmen untersucht.
Die Forderung der GSU betrifft die Blockierung von Websites, die kostenloses Copyright- Material den Internetnutzern gewähren, wie Filme, Spiele und Musik. Das Gesuch wurde schließlich abgelehnt, während die zweite Forderung nach regelmäßigen einstweiligen Maßnahmen seitens der GCS einmal im August untersucht werden wird. Die Ablehnung ist nur vorläufig und deshalb gültig bis die nächste Untersuchung, wo die Entscheidung getroffen werden wird, ob solche Webseiten zu blockieren sind.
An dieser Stelle ist auch zu erwähnen, dass solche Fälle zum ersten Mal in Griechenland entstehen. Gleichzeitig befindet sich ein ähnlicher Fall in der Schwebe, der die bekannte Webseite Piratebay betrifft und Ende Mai vor Gericht kommt.

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