Tuesday, 25 June 2013

Nachrichten aus Griechenland #10 - 15. Juni 2013

Übersetzt von Real Democracy Now! Berlin/GR & @lamda

Nachrichten- Übersicht der vergangenen Woche:

  • Mit einer überraschenden Entscheidung beschloss die gr Regierung am Dienstag den öffentlichen Rundfunk ERT zu schließen. Direkt darauf besetzte das Personal bis heute die Anstalt, während die Unterstützung und Solidarität von Bürgern, sogar Journalisten und Medien und ihren Verbänden, im In- und Ausland, weiter zunimmt.
  • Die Gerichtsverhandlung von Kostas Vaxevanis bezüglich des Falles der „Lagarde Liste“  wurde auf den kommenden Oktober verschoben. 
  • Die meisten Arbeitsplätze von Hellas Gold in Skouries werden staatlich subventionierte Ausbildungsplätze sein.
  • Wehrdienstverweigerer Nikolaos Karanikas wurde erneut verhaftet

1. Abschaffung von ERT

Der Beschluss der gr Regierung die staatliche Rundfunkanstalt ERT, innerhalb von wenigen Stunden Dienstag Abend, zu schliessen, verursachte gefährliche Spannungen in der Regierungskoalition der drei Partner und rief eine grosse Solidaritätswelle und Protestbewegung innerhalb und außerhalb des Landes hervor, welche ausführlich in der Berichtserstattung der internationalen Medien stattfand.      
        
Zwei grundlegende Faktoren, die vielleicht nicht angemessen betont wurden, sind: a) das Vorgehen der Regierung bei der Schließung der ERT, b) die anhaltenden Versuche der Regierung jede Gegenstimme über die Schließung der ERT in jeder Form zum Schweigen zu bringen.
        
Am Dienstag Morgen gab die gr. Regierung einen Rechtsakt heraus, ein Vorgang, der nur in fest definierten Ausnahmefällen eintritt, welcher einem Minister ermöglicht einen gesetzlichen Inhalt anzuordnen, ohne eine erforderliche Zustimmung des Parlamentes dafür. Dieser Rechtsakt sieht vor, dass ein Regierungsminister das Recht hat von nun an über die Schließung von staatlichen Behörden zu entscheiden und die Beamte durch eine ministerielle Anordnung zu entlassen. Wenige Stunden danach wurde ein anderer Rechtsakt herausgegeben, lautdem die Rundfunkanstalt ERT um Mitternacht schließen würde. Die Behauptung der gr Regierung, dass solche Entscheidungen mit Rechtsakten, aufgrund der extremen Wirtschaftskrise im Land, zu bewältigen seien, ist bestenfalls fragwürdig.        
         
Ferner, als die Ausstrahlung des Sendesignals der ERT aufhörte, entschied sich das Personal trotzdem zum Widerstand, sie besetzten die Anstalt und setzten das Programm der ERT fort. Die Regierung und der Finanzminister Yannis Stournaras versuchten mit offenen Drohungen und Einschüchterungen gegen die ERT Mitarbeiter, aber auch gegen andere Medien (zB den Sender 902) die sich für die Ausstrahlung des Programms der ERT3 entschieden, vorzugehen. Insbesondere, das Büro des gr Finanzministers schickte an alle Medien eine Mail, mit der Betonung dass die Ausstrahlung einer Sendung mit dem ERT -Logo als illegal und gesetzwidrig empfunden wird.
  
Allerdings, erheben sich auch viele Fragen über die Rolle des privaten Konsortiums und Dienstleisters, der digital- Plattform DIGEA, und ihrer Entscheidung die ERT herunterzufahren. Laut einer umfangreichen Berichtserstattung eines lokalen Portals könnte diese Entscheidung der Regierung ein Versuch sein die ERT aus dem bevorstehenden (30. Juni) Auswahlwettbewerb für die Vergabe des digital- Signals auszuschließen, und als einzigen Anbieter und Verwalter für die nächsten 15 Jahre der digitalen Plattform, die DIGEA zu ernennen. Der Entwurf, samt den Begriffen des Auswahlwettbewerbs deutete darauf hin, dass die DIGEA, ein Konsortium der sechs größten privaten TV- Anstalten (mega, ant1, skai, star, alpha, macedonia tv), in Griechenland gegründet, ein Angebot vorlegen würde um den Wettbewerb unbedingt zu gewinnen. Diese Tv- Sender sind bekannte Befürworter der Austäritaetspolitik, während sie jede andere Perspektive ausschließen. Darüber hinaus folgten  innerhalb von wenigen Tagen zahlreiche Vorfälle im Zusammenhang mit dem Signal des TV- Senders “902” der kommunistischen Partei KKE, dessen Ausstrahlung von der DIGEA, wegen der Live- Übertragung des ERT- Programms, unterbrochen wurde. In diesem Zusammenhang, kappte die DIGEA alle Digital- Frequenzen, und das dürfte somit ein weiterer Schlag für den freien Informationsaustausch in Griechenland sein. Tatsache ist dass die ERT als legitime Körperschaft nicht mehr existiert, und das bedeutet dass sie von Beratungsgesprächen und den Auswahlwettbewerb ausgeschlossen bleibt.       
        
Zu diesem Zeitpunkt sendet das ERT -Fernsehen Online im Web, oder via Satellit von der EBU (European Broadcasting Union), aber nicht in Griechenland. Ausnahmen sind die Regionen von Ioannina, Kreta und Gebiete im Norden Griechenlands und Vororten im Norden von Athen, wo Experten versuchen das Signal wieder herzustellen. Auch die örtlichen Radiosender der ERT führen ihr Programm in einigen Städten des Landes fort.       
        
Der Sympathieausbruch in den sozialen Netzwerken dauert weiter an, jedoch immer mehrere Stimmen rufen das ERT- Programm auf, sich nicht alleine auf das Ausschalten der ERT zu konzentrieren und das Programm offen zu gestalten, um den Menschen zu zeigen, wie unabhängiger Journalismus wirklich betrieben wird. Freitag Abend organisierte das Symphonieorchester der ERT in Zusammenarbeit mit dem Nationalorchester ein Konzert und führte ein Programm mit bekannten Stücken in der Zentrale der Anstalt vor. Letztens, lehnte die EU- Kommission und der Manager der Task- Force in Athen jede Einmischung bei der Schließung der ERT von der gr Regierung ab, selbst in ihren Aussagen wird darüber versichert. Auf der anderen Seite, schloss sich der Präsident des EU- Parlaments, Martin Schultz, mehreren Stimmen der Medien im Ausland an, die die Entscheidung der Regierung verurteilen.

Quellen:

 

2. Die Gerichtsverhandlung von Vaxevanis. 

Die zweite Gerichtsverhandlung von Kostas Vexevanis, der festgenommen und schon einmal im November 2012 verhandelt wurde, denn er publizierte in seiner Zeitschrift namens “HotDoc“ eine Liste von mehr als 2000 Namen griechischer Kontoinhaber in der Schweiz, auch sonst „Lagarde Liste“ genannt, musste am Montag den 10. Juni anfangen, aber sie wurde für den 8. Oktober verschoben. Der Grund dafür ist, dass zwei von den drei Anwälte Vaxevanis' und drei von seinen insgesamt vier Entlastungszeugen nicht erscheinen konnten. Trotzdem brauchte das Gericht eineinhalb Stunde und Streitereien über Formsachen, um das Absagen der Verhandlung wegen Abwesenheit der Anwälten und der Entlastungszeugen zu akzeptieren. 

Trotzdem lehnte das Gericht die Anfrage seitens der Verteidigung nach Überprüfung der Anklageschrift ab, damit sie neue Information, die aus dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss bezüglich der Lagarde Liste herauskommen, berücksichtigen können. 
Vaxevanis bleibt deswegen angeklagt wegen der Veröffentlichung einer angeblich durch Abhören erhaltenen Liste, während das Parlament schon Nachweis empfangen hat , dass die Liste von dem französischen Finanzminister durch offizielle Medien nach seinem griechischen Ansprechpartner geschickt wurde.   
Die Festnahme und das Gerichtsverfahren von Vaxevanis im November 2012 verursachte noch einen internationalen Aufschrei bezüglich der Zensur in Griechenland und spielte natürlich eine bedeutsame Rolle im Niedergang Griechenlands im Reporter ohne Grenzen Bericht 2013.  
Man soll trotzdem erwähnen, dass am Montag Morgen die Menge von Journalisten, die Zeugen der Ereignissen letztes Novembers waren, abwesend waren. Der Gerichtsraum war halbvoll und nur ein Paar internationale Crews/ Mannschaften? warteten außer dem Gebäude des athenischen Gerichtshofs. 

Quellen: 


3. Skouries: Ausbildungsplätze durch den Staat gefördert

 Internet-Nachrichtenseite "alterthess" verlautete am Freitag, den 7. Juni, dass von 4.900 Ausbildungsplätzen, die durch das Ministerium für Arbeit für arbeitslose Techniker und Ingenieure im Bergbau gefördert werden, 4.895 für das Bergbauunternehmen Hellas Gold und seine griechischen Muttergesellschaft Aktor zugeschlagen sind. Aktor wurde eine eigene Bergbau zugesprochen und dazu gehören Bergrechte im Nordosten Chalkidikis und, trotz der Widerstände lokaler Gruppen, auch der Betrieb des Goldminen-Projekts im Wald von Skouries.      
   
Den Schätzungen alterthess" zufolge, erhalten diese Unternehmen, wenn sie alle Positionen mit Arbeitslosen besetzen, eine Subvention vom Staat in Höhe von 30.482.400 €, um die Kosten für die Weiterbildung der Arbeitnehmer abzudecken und zahlen den Arbeitnehmern dann den lächerlichen Betrag von 2.000 € pro Person für 400 Stunden Arbeit. Darüber hinaus würde Hellas Gold und Aktor von der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für die Arbeitnehmer befreit werden und am Ende der Ausbildungszeit würden sie außerdem von der Pflicht die Leute zu rekrutieren befreit werden. "Alterthess" stellt ferner fest, dass das Hellas Gold Unternehmen nur 1.300 Personen für die Dauer des Projekts und für den damit einhergehenden Bedarf zu beschäftigen bereit ist. Bereits jetzt beschäftigen sie mehr als 700  Auszubildende, was die Frage aufwirft, warum sie so viele Auszubildende haben wollen.  
    
Dass ein so großer Anteil der Lohnzahlungen durch staatliche Zuschüsse gedeckt werden soll provoziert kritische Hinterfragungen des Arguments der Regierung, dass große, sogenannte "Investition" von privaten Unternehmen, wie etwa im Falle von Hellas Gold in Skouries notwendig seien, um Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft zu schaffen und dadurch das Wirtschaftswachstums anzukurbeln.  
    
Die Skouries Goldmine ist, aufgrund der Reaktion der Kommunen zum einhergehenden Umwelt- und Finanzskandal, eines der am heftigsten umstritten Projekte in Griechenland. Dennoch erfährt es keine angemessene Berichterstattung in den griechischen Medien, insbesondere über die Geschäftspolitik die Fernsehen lässt sich mit der Tatsache mutmaßen, dass der entscheidende griechische Stakeholder in Hellas Gold, Giorgos Bobolas, gleichzeitig auch der Mehrheitsaktionär im größten griechischen Privatfernsehsender Mega Channel ist. 
        

4. Erneute Verhaftung des Wehrdienstverweigerers Nikolaos Karanikas

Der 44-jährige Wehrdienstverweigerer Nikolaos Karanikas, Mitglied der linken Oppositionspartei SYRIZA, wurde am 11. Juni erneut wegen Ungehorsames verhaftet, obwohl er am 8. März von einem Militärgericht von dem selben Vorwurf freigesprochen worden war. Die Behörden behaupten, dass dieses "Verbrechen" seit 1996 für andauernd gehalten werde und deshalb dürfe Karanikas immer wieder verhaftet werden. Karanikas behauptet seinerseits, dass die Behörden ihn und die Wehrdienstverweigerungsbewegung durch Strafgelder und sich wiederholende Prozesse zu erschöpfen versuchen.

Amnesty International hat die Regierungspolitik von Verhaftungen und Schikanierungen gegenüber Wehrdienstverweigerern wiederholt verurteilt. Besonders besorgniserregend sei die Tatsache, dass die Verweigerer vor Militärgerichte gestellt werden, die ihnen, laut internationaler Jurisprudenz, das Recht auf ein faires Verfahren verwehren. 


Quellen: 
 


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