Monday, 22 April 2013

Nachrichten aus Griechenland #2 - 20. April 2013

Übersetzt von Real Democracy Now! Berlin/GR & @lamda
  • Mörderischer Angriff auf bangladesische Erdbeerpflücker, die die Auszahlung ihrer Gehälter forderten.
  • In Untersuchungshaft befinden sich die zwei Dorfbewohner Ierissos', die für die Teilnahme bei dem Brandanschlag gegen Einrichtungen der Hellas Gold in Skouries (Chalkidiki) angeklagt werden. Die Proteste in der Region werden fortgesetzt.
  • Nach Migranten und Drogensüchtigen werden jetzt Obdachlose in Abschiebelager transportiert. 
  • HIV-Infizierte im griechischen Gefängnis brachte sich um.
  • Die griechische Regierung hat die Entlassung von 15.000 Staatsbediensteten bewilligt um die nächste Rate der Hilfskredite zu kassieren.
  • Fortsetzung der Proteste gegen die Stilllegung von Indymedia und dem Radiosender Entasi in Athen
1. #Manolada

Am Mittwoch Abend schossen drei Vorarbeiter einer Erdbeerplantage in Manolada, Peloponnes, mit Jagdgewehren auf eine Gruppe von 200 -meist bangladesischen- Pflückern. 28 Personen wurden ins Krankenhaus gebracht, 12 davon schwer verletzt. Seit 2008, wo Zeitungen über die Sklaverei-ähnliche Bedingungen berichteten, unter denen papierlose MigrantInnen arbeiten, sind Manoladas Erdbeerplantagen berüchtigt geworden.

Die Ereignissen in Manolada betonen die Mängel der griechischen Migrationspolitik, aber auch diese der Polizei und der Justiz. Die Täter wurden am Freitag festgenommen nachdem ihre in flagranti 48 Stunde-Berechtigung ausgelaufen war. Daraus ergibt sich, dass die Angeklagte frei sind, bis ihre Gerichtsverhandlung stattfindet. Gerüchte gemäß denen, die verletzten Pflückern wegen Ausweisung festgenommen wurden, wurden von der Polizei und dem Minister abgelehnt, obwohl dieses Szenario sehr glaubhaft sein könnte, denn viele Anti Rassismus Gruppen anerkannten die Ausweisungsgefahr als ein bedeutsamer Grund, woraus die papierlosen MigrantInnen solche rassistischen Angriffen der Polizei nicht melden können.

Gleichzeitig erwähnte ein lokaler Journalist, der auch 2008 über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen der Pflückern berichtete, dass die Polizei nochmal den Ereignisbericht behindert. Die nationalen Medien ignorierten zunächst diese Tatsachen und später versuchten sie ihre Bedeutsamkeit zu vermindern.

Eine Internet-Kampagne zum Boykott der Erdbeeren aus Manolada führte dazu, dass etliche Supermarktketten die sofortige Einstellung ihrer Kooperation mit der bestimmten Plantage ankündigten.

Zwei Tage vor den Ereignissen in Manolada wurde der Bericht des EU-Menschenrechtskomissars Nils Muiznieks über seinen jüngsten Besuch in Griechenland veröffentlicht. Darin wird die weite Verbreitung von rassistisch motivierten Straftaten mit Goldener Morgenröte, die deutlich als neonazi Partei benennt wird in Zusammenhang gebracht. Der Komissar merkte an, dass Griechenland, als Unterzeichner von internationalen Verträgen, Maßnahmen gegen solche Probleme ergreifen muss. Ein Parteiverbot soll nicht ausgeschlossen werden.

Mittlerweile begangen GM-Angehörige etliche Gewaltstraftaten am Donnerstag Abend in Nikaia, nahe Piräus, wo die neonazi Partei, aufgrund von Protesten seitens der Einwohner, ihre Büro schließen musste. 6 Antifaschisten wurden während der Verteilung von Flugblättern von 10 GM-Angehörigen angegriffen. Eine anderer, achtköpfiger Schlägertrupp verprügelte einen Migranten in einem Bus.

2. #Skouries

Landesweite Demonstrationen fanden am Samstag, 13. April statt, um gegen die brutale Verhaftung zweier Dorfbewohner von Ierissos in der Nacht zum 10. April zu protestieren. In der Chalkidiki Region im Norden Griechenlands, speziell in dem Wald Skouries, ein Gebiet außergewöhnlicher Biodiversität und natürlicher Schönheit, wird ein Abbau der dort vorhandenen Goldvorräte geplant. Ierissos ist das Zentrum der Proteste gegen diese Pläne. Die beiden Verhafteten werden von der Polizei angeklagt, bei dem Brandanschlag gegen die Baustelle in Skouries am 17. Februar teilgenommen zu haben, der schwere Schäden der Maschinen der Bergbaugesellschaft Hellas Gold und ihrer Muttergesellschaft Eldorado Gold zur Folge hatte.

Der Staatsanwalt und der Richter beschlossen die Verlängerung der Untersuchungshaft der beiden Männer bis zu ihrem Prozess in 18 Monaten. Die Anwälte der Angeklagten prangern die Unglaubwürdigkeit der angeblichen Beweise an sowie die Tatsache, dass ihre Klienten in dem Polizeihauptquartier in Thessaloniki und nicht im Gericht vernommen wurden. Weitere Demonstrationen wurden auch vor dem Polizeihauptquartier während der Vernehmung der Verhafteten und der Entscheidung, ihre Haft zu verlängern, durchgeführt.

Das Koordinationsgremium gegen Goldabbau im Gebiet von Ierissos verurteilt den Brandanschlag im Polizeistation am Dienstag, den 16. April als eine Provokation. Nach dem Anschlag entschied die Polizei den Station zu verschließen und Überwachung vom regionalen Hauptstadt von Chalkidiki, Polygyros zu führen. Zugleich befinden sich täglich zwei Polizeigruppen, um den Polizeistation in Polygyros und den Goldabbau zu beschützen. Polizeigewerkschaftler zeigten den lokalen Medien die hohe Kosten solches Ansatzes an, denn auch Polizisten aus anderen Polizeistationen ins Gebiet gebracht wurden und pro Tag dafür bezahlt. Die Gewerkschaftler reklamieren auch dafür, dass die Polizei als eine private Polizei des Abbauunternehmens benutzt wird und ist deshalb unfähig ihre normale Dienste bezüglich des Verkehrsvorschrifts oder der Kriminalitätsbekämpfung zu bieten.

Die gegen den Abbau Aktivisten erlitten diese Woche noch einen Rückschlag, als der Staatsrat den von den Bewohnern gegen die Abbaupläne Einspruch verneinte und abstimmte, dass das Umweltbeeinflussungsgutachten übereinstimmend mit dem griechischen Gesetz ist. Trotzdem bekamen die Aktivisten die Unterstützung von den Athos Klostern. Die letzte schickten ein Vertreter in Athen , um ein Brief dem Minister zu liefern, wo sie denunzieren die Haftstrafentscheidung gegen die zwei Aktivisten und charakterisieren sie als „keine gerichtliche, sondern politische Entscheidung, die auf die Einschüchterung der Bevölkerung zielt“.

3. Amygdaleza/Thetis

Proteste von antirassistischen Initiativen und linken Organisationen fanden am Sonntag, 14.04., am Abschiebelager in Amygdaleza, nahe Athen, statt. Dort werden papierlose Migranten monatenlang gefangen gehalten, unter elenden Bedingungen.

Vertreter der Protestanten gingen in den Lager hinein, gaben den MigrantInnen Kleidung und Nahrungsmittel und kamen mit manchen von denen ins Gespräch. Die Ηäftlinge klagten, dass sie unterernährt, ohne Gesundheitsfürsorge und Zugang zum Telefon sind. Sie klagten auch, dass dort Minderjährigen eingesperrt sind. Klagen über Prügel wurden von der Polizei bestritten.

In Amygdaleza werden Drogensüchtiger aus dem Zentrum von Athen zur Feststellung ihrer Personalien transportiert, im Rahmen der Operation "Thetis". Letzte Woche gab es Klagen, dass sogar Obdachlosen zum selben Zweck in den Lager transportiert wurden.

4. HIV positiv Gefangene begeht Selbstmord

Mit einem Bettlaken hing letzte Woche im Koridalos Gefängnis Maria Theodoraki , eine HIV positiv Gefangene. Vorherige Woche versuchte sie vor seiner Mutter während ihres Besuch ihr Selbstmord zu begehen. Nach ihrem Versuch wurde sie in Dafni psychiatrische Klinik transportiert.

Erwähnenswert ist, dass das Gefängniskrankenhaus keinen geeigneten für HIV positive Frauen Raum verfügt, deshalb ihre medizinische Beobachtung als mangelhaft gekennzeichnet wird. Zusätzlich wurden im Mai 2012 HIV positiv prostituierte Frauen im Rahmen des „Schutzes der sozialen Gesundheit“ laut der Entscheidung des damaligen Gesundheitsministers Andreas Loverdos inhaftiert und angeprangert. Schließlich befreite das Gericht die prostituierten Frauen und ihre mehrmonatige Gefängnisstrafe wurde illegal nachgewiesen.

5. Entlassung von 15.000 Staatsbediensteten

Am Dienstag, 15.04., nach dem Ende der Verhandlungen mit der Troika, kündigte Premierminister Antonis Samaras triumphal an, dass Griechenland die Auszahlung der nächsten Rate von Hilfskrediten gesichert hat. Zudem kündigte er die Entlassung von 15.000 Staatsbediensteten bis Ende 2014 an, um der Forderung der Troika nach effizienterem und schlankerem Staatsapparat nachzukommen. Er fügte jedoch hinzu, dass für jede entlassene eine andere, durch einen leistungsorientierten Vorgang ausgewählte, Person angeheuert wird.

Letzteres wurde von vielen als Botschaft zu den Unterstützern der regierenden Kolaitionsparteien interpretiert, dass es ihnen Arbeitsplätze angeboten werden. Staatliche Beamte demonstrierten am Mittwoch in Athen gegen die angekündigten Entlassungen.

6. #Indymedia #Αthen

Die Proteste in Athen gegen die Stilllegung von Indymedia und dem Radiosender Entasi (Spannung) nach staatlichem Eingriff wurden auch in der letzten Woche fortgesetzt. Am Montag 15. April, fand eine Kundgebung im Studentenheim, in dem der Server von Indymedia untergebracht ist, statt. Interessant ist die Tatsache, dass während dieser Mobilisierung die Internetverbindung der Universität unterbrochen war.

Mobilisierungen und Proteste fanden im Lauf der Woche auch in anderen Städten statt. Am Donnerstag wurde eine Sendung zur Repression unabhängiger Medien in den Büros der ΕΣΗΕΑ (Vereinigung der Redakteure) ausgestrahlt.

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